ChristenverfolgungOperation Jesus

Wo ist die Real-Solidarität der Tat der Christen des Abendlandes mit den Christen des Morgenlandes, die von radikalen Muslimen schikaniert, verfolgt, vertrieben und massakriert werden?

Der Vatikan wirft den Vereinigten Staaten und Russland bloße Lippenbekenntnisse zum Schutz der verfolgten Christen in Syrien und im Irak vor. Beide Nationen sprächen sich zwar für Frieden und für einen Verbleib der Christen im Nahen Osten aus, sagte der Ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Na­tio­nen in Genf, Erzbischof Silvano Tomasi. Bislang seien aber „keine konkreten Schritte feststellbar“. Ein spürbares internationales Engagement zur Rettung der verfolgten Christen und zur Befreiung aus ihrer schweren Notlage, insbesondere auch in den Flüchtlingslagern, werde durch den Interessengegensatz zwischen Moskau und Washington blockiert.

Wie aber können die europäischen Staaten den Vertriebenen real besser helfen, um ihnen Schutz zu bieten? Die Bundesregierung scheint momentan vor allem darum bemüht zu sein, wegen der vielen Muslime im eigenen Land nur ja keine diplomatische Missstimmung aufkommen zu lassen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel weigerte sich daher sogar in ihrer Neujahrsansprache, Klartext zu reden und die verfolgten Christen des Orients sowie Afrikas konkret und ausdrücklich beim Namen zu nennen. Ebenso verklausulierte die Bundeskanzlerin in ihrer Rede die Tatsache, dass die Christenverfolger überall extremistische Muslime sind, die sich als wahre Muslime verstehen. Sie führen betont im Namen ihrer Religion, im Namen ihres Gottes einen tatsächlichen Dschihad, einen „Heiligen Krieg“ mit Waffengewalt. Sie unterjochen in den eroberten Gebieten hunderttausende Christen als „Ungläubige“, zwingen sie zu Bekehrungen, foltern sie als Kollaborateure mit dem „Westen“, vergewaltigen die christlichen Frauen und Mädchen, verschleppen sie, verkaufen sie, machen sie zu (Sex-)Sklavinnen der Krieger, erzwingen Schutzgelder von den „Schutzbefohlenen“ und massakrieren alle, die sich nicht fügen oder die es nicht geschafft haben, rechtzeitig zu verschwinden.

In einer knappen Bemerkung der Rede Angela Merkels heißt es bloß vage, blass, allgemein: „2014 mussten wir außerdem erleben, dass die Terrororganisation IS alle Menschen verfolgt und auf bestialische Weise ermordet, die sich ihrem Herrschaftswillen nicht unterwerfen.“ Und zum Beitrag der Deutschen für die Geflüchteten sagt die Kanzlerin nur passiv: „Es ist selbstverständlich, dass wir ihnen helfen und Menschen aufnehmen, die bei uns Zuflucht suchen.“ Was aber ist mit den Christen, die gar nicht Zuflucht suchen können, weil ihnen die Mittel und Auswege fehlen, überhaupt bis an unsere Grenzen zu kommen?

Dabei hätte das Abendland der Christen als immer noch - zumindest von der Zahl der Getauften her - christliches Abendland sehr wohl die Pflicht, eine vorrangige Option für die Ärmsten des Nahen Ostens in Gestalt der verfolgten Glaubensgeschwister zu ergreifen. Denn im Gegensatz zu den geflohenen und ebenfalls von den Extremisten bedrängten Muslimen haben sie keine Fürsprecher in den islamisch dominierten Nachbarländern. Die orientalischen Christen im orientalischen Exil werden nie und nimmer von den muslimisch geprägten Staaten des Nahen und Mittleren Ostens auf Dauer Hilfe, Integration und Inkulturation erfahren. Sollen sie auf ewig im Elend hausen, wenn die Rückkehr - und das ist das Wahrscheinlichste - ausgeschlossen bleibt?

Nicht einmal die Kirchenführer hierzulande haben in ihren Weihnachts- und Neujahrsappellen die Fakten, den realen schleichend wie rasant sich ausbreitenden islamischen Dschihadismus als eine der größten weltpolitischen Bedrohungen der Gegenwart benannt. Er aber ist die entscheidende Ursache für die Vernichtung des orientalischen Christentums. Stattdessen beteiligten sich Bischöfe und Landesbischöfe uniformistisch an der von den Medien ebenso einförmig geschürten Hysterie gegen die im Grunde wenigen Demonstranten der sogenannten Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes. Den vielen schweigenden Bürgerinnen und Bürgern, die sehr differenziert, aber mit nachdenklicher realpolitischer Wachheit sehen, was weltweit als Gewalt-Islamisierung abläuft und welches Potenzial an Dschihadismus bei uns längst untergetaucht ist und Fuß gefasst hat, wird indirekt kirchlich und medial pauschal gleich mit unterstellt, fremdenfeindlich, rassistisch, ja geradezu der Antichrist in Person zu sein. Mit einem perfiden semantischen Betrug werden jene, die sehr wohl einen friedliebenden Islam von einem Gewaltislam zu unterscheiden wissen, aber die Tatsachen erkennen, begrifflich zu „Islamfeinden“ gestempelt. Ein auf sich stolzer kritischer Journalismus, der sich pluralistisch und alles andere als geistig gleichgeschaltet wähnt, wirkte in den letzten Wochen bei diesem brisanten Thema über weite Strecken allerdings eigenartig undifferenziert, polemisch, flach, populistisch - jedenfalls wenig analytisch hintergründig, wie es ihn sonst in diesem Land eigentlich auszeichnet. Nur sehr wenige Kritische wagten mehr Nachdenklichkeit, darunter stets unbequeme Querdenker wie Henryk M. Broder oder Heiner Geißler. Denn bei der weltrevolutionären Strömung des islamisierenden „Gotteskriegertums“ handelt es sich nun einmal um ein Phänomen, das geistig inzwischen alles andere als nur ein Randphänomen der islamischen Welt des 21. Jahrhunderts ist.

Wie aber könnte das christliche Abendland sich positiv und progressiv solidarisch mit den verfolgten Christen und offen für die verfolgten Christen des Orients beweisen? Leider haben es selbst das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Evangelische Kirchentag als christliche Laienvertretung beziehungsweise Laienbewegung - abgesehen von schwächlichen, unbeachteten Stellungnahmen - bisher nicht geschafft, zunächst wenigstens überhaupt erst einmal eine öffentlich bedeutsame ökumenische Solidaritätskundgebung von Rang mit Rednern von Rang in einer Metropole von Rang zugunsten der von radikalen Muslimen verfolgten Glaubensgeschwister zustande zu bringen. Nicht einmal ein Theologenmemorandum gibt es zu dieser brennenden Frage.

Statt mit albernem Symbol„aktionismus“ Lichter an Domen auszuknipsen, wenn Leute gegen eine befürchtete „Islamisierung“ protestieren, und mit wohlfeilen amtskirchlichen Worten über Menschen herzufallen, die sich berechtigte Sorgen machen, sollten sich Kirchenführer und Laien für eine aktive Flüchtlingspolitik sowie eine entsprechende Bewusstseinsbildung einsetzen.

In der akuten Lage könnte die historische „Operation Moses“ des Staates Israel ein Vorbild sein für eine große gemeinsame solidarische Anstrengung der christlichen Abendländer wie der christlichen Amerikaner der Neuen Welt zur Rettung der christlichen Morgenländer, ihres Glaubens, ihrer Hoffnung, ihrer Kultur und ihrer Existenz.

Bei der „Operation Moses“ wurden Ende 1984/Anfang 1985 an die 10000 äthiopische Juden, die vor dem kommunistischen Regime Mengistu und der schrecklichen Hungersnot in den Sudan geflohen und dort zusammen mit Christen und Muslimen in Flüchtlings-Hungerlagern untergebracht waren, in einer Geheimmission nach Israel ausgeflogen und dort beheimatet. Zuvor waren mehrere tausend dieser Falaschen auf der Flucht durch kriegerische Übergriffe, Hunger oder Krankheit umgekommen. Die Evakuierung aus dem Sudan wurde nachts durchgeführt - mit Flugzeugen einer nichtisraelischen, einer belgischen Charterfluggesellschaft. Auf Druck arabischer Länder entzog der Sudan dem Unternehmen die Landerechte.

Dennoch gab Israel nicht auf. In weiteren Aktionen unter den Namen „Operation Josua“ und - noch 1991 - „Operation Salomon“ konnten nochmals notleidende äthiopische Juden nach Israel gebracht werden, darunter viele Waisenkinder.

Statt mit lächerlichen Sophistereien in den Medien herumzuräsonieren, ob das christliche Abendland das christliche Abendland sei, sollte sich das Abendland als christlich erweisen. Das aber heißt angesichts der Realitäten: in einer europäisch-amerikanisch abgestimmten konzertierten Aktion die aus ihrer Heimat in den islamischen Herrschaftsgebieten vertriebenen Christen aus dem Elend und der Perspektivlosigkeit der Flüchtlingslager und Flüchtlingszonen herausholen und ihnen im gesamten Abendland Europa wie in der Neuen Welt eine Bleibe verschaffen - auf Zeit, falls es irgendwann jemals eine Chance zur Rückkehr in die Ursprungsgebiete geben sollte, oder auf Dauer, wenn dies nicht möglich ist. Deutschland könnte sich allen voran als besonders gastfreundliches Land für die verfolgten Christen erweisen, damit das orientalische Christentum nicht untergeht, sondern sich weiterentwickeln kann. Auch wenn die orientalischen Kirchenführer händeringend ihre Gläubigen zum Bleiben auffordern - realistisch haben die christlichen Familien, vor allem die gebildeten und überdurchschnittlich bildungswilligen, emanzipierten jungen orientalischen Christinnen und Christen in ihrer Ex-Heimat keine Chance und keine Zukunft mehr. Als morgenländisches Christentum, eingewandert ins Abendland, wäre es jedoch eine starke interkulturelle Bereicherung fürs Christsein hier bei uns. An ihm könnten wir „Westchristen“ außerdem sehen, dass Kirche auch anders geht - sogar mit verheirateten Familienväter-Gemeindepriestern aus den mit Rom verbundenen katholischen Kirchen des Ostens. Welcher Kirchenführer, welcher Politiker, welcher Journalist aber hat den Mut, für eine solche starke und qualifizierte Einwanderung verfolgter Christinnen und Christen das Wort zu erheben? Tun statt Reden: Eine „Operation Jesus“ wäre das beste und glaubwürdigste Signal gegen Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit - und auch gegen Pegida.

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