Michel Houellebecqs "Unterwerfung"Die schwarze Taube über Paris

Michel Houellebecqs politische Fiktion "Unterwerfung" schildert die Islamisierung Frankreichs als Folge eines geistig ausgezehrten und erschöpften christlichen Abendlandes.

Eine schwarze Taube auf weißem Grund, darüber das Wort „Unterwerfung“, die literarische Gattung „Roman“ und der Name des Schriftstellers: So sieht der Umschlag von Michel Houellebecqs Erzählung aus. Ohne einen einzigen Satz gelesen zu haben, kann man schon am Buchcover die Leitmotive erkennen, die in ambivalenter Spannung hinter der fiktiven Erzählung durchscheinen: Tauben sind eigentlich Symbole für den Frieden. Im Unterschied zu Adlern oder Falken, die wegen ihres aggressiven Jagdverhaltens bewundert werden und daher in etlichen Religionen und Staaten als Wappentiere ausgewählt wurden, sind Tauben der Inbegriff der Harmlosigkeit. Weiße Exemplare werden gern bei Friedensfeiern oder Olympischen Spielen in den Himmel entlassen. Im Christentum steht die Taube (als monogam lebender Vogel) sowohl für die Treue in einer Liebesbeziehung als auch für die Geistbegabung. In Gestalt einer Taube kam der Geist Gottes auf Jesus herab, heißt es in den Evangelien. Ist also das Wort „Unterwerfung“ in Zusammenhang mit dem Bild einer Taube pure Ironie?

Auf der anderen Seite hat die Taube ein pechschwarzes Gefieder. Schwarz ist die Farbe der Frommen. Der muslimische Tschaddor, die Gesichtsverschleierung Niqab , die Ganzkörperverhüllung Burka sind ebenso schwarz wie der Habit des Mönchs, das Collarhemd des Priesters oder der Hut des ultraorthodoxen Rabbiners. In Literatur und Dichtung sind schwarze Vögel überdies Motive und Vorboten des herannahenden Todes. Bedenkt man, dass das Wort „Islam“ sowohl mit „Hingabe“ als auch mit „Unterwerfung“ übersetzt werden kann, drängt sich eine andere Assoziation auf: Hinter der Gestalt der Taube verbirgt sich etwas, was ganz und gar nicht harmlos ist. Was gilt nun? Die Antwort nach der Lektüre lautet: beides!

Vordergründig geht es in diesem in einfacher, lakonischer Sprache geschriebenen Roman darum, dass bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2022 nach bürgerkriegsähnlichen Zuständen der charismatische Kandidat einer islamischen Partei die Macht übernimmt. Dieses Ereignis führt in der Folgezeit dazu, dass sich nach und nach die Eliten der französisch-laizistischen Gesellschaft zum Islam „bekehren“. Die dahinterliegende kulturphilosophische Analyse ist weit provozierender. Es geht um Geist und Geistlosigkeit, Religion und Macht, politische Visionen und intellektuelle Erschöpfung, aber auch um Täuschung, Anpassung, Hedonismus, Frauenfeindlichkeit, patriarchale Herrschaft und?- wie in jedem Buch von Houellebecq?- um Sex in allen Varianten.

Sex und Kapitalismus

Sex ist der einzige Trost, der die Hauptfigur, den vereinsamten Literaturwissenschaftler François, davon abhält, seinem Leben ein Ende zu setzen. In seiner Unfähigkeit, eine Beziehung einzugehen, ist François ein typischer „Houellebecq-Held“. Zugleich ist der einsame Erotomane, der sich nach echter Liebe sehnt, aber auf käufliche Liebe zurückgreift, nicht nur eine einzelne (un)moralische Figur, sondern ein Kind seiner Zeit, das logische Produkt, das Spiegelbild eines entfesselten Kapitalismus.

In seinem ersten Roman „Ausweitung der Kampfzone“ (1994), der den Autor über Nacht berühmt machte, heißt es über den Zusammenhang von Sexualität, Gesellschaft und Kapitalismus: „In einem völlig liberalen Wirtschaftssystem häufen einige wenige beträchtliche Reichtümer an; andere verkommen in der Arbeitslosigkeit und im Elend. In einem völlig liberalen Sexualsystem haben einige ein abwechslungsreiches und erregendes Sexualleben; andere sind auf Masturbation und Einsamkeit beschränkt. Der Wirtschaftsliberalismus ist die erweiterte Kampfzone, das heißt, er gilt für alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen. Ebenso bedeutet der sexuelle Liberalismus die Ausweitung der Kampfzone, ihre Ausdehnung auf alle Altersstufen und Gesellschaftsklassen.“

Sexualität ist in Houellebecqs Romanen stets eine Ware, die denselben Marktbedingungen wie jedes andere Produkt unterliegt, mit dem Unterschied, dass Jugend und Schönheit nicht von Dauer sind und nicht erneuert werden können. Nur für die Reichen besteht die Möglichkeit, körperliche Mängel und Attraktivitätsverlust durch das Portemonnaie zu kompensieren. In dieser trostlosen „Ich-AG-Gesellschaft“ geht es für die Menschen ausschließlich darum, sich zu beweisen, einen beneidenswerten Platz zu ergattern, „elektrisiert von der Anbetung austauschbarer Ikonen: Sportler, Modedesigner, Internetkreative, Schauspieler, Models“.

Während die davon angewiderten Protagonisten in Houellebecqs früheren Romanen in einer Mischung aus Ekel, Elend und Selbstmitleid versanken, wird in seinem aktuellen Werk darüber diskutiert, ob eine religiöse Gesellschaft eine Alternative bieten könnte, und wenn ja, wie diese wohl aussehen würde. Darin liegt die eigentliche Provokation und Pointe des Buches.

„Ohne Religion ist es traurig“

In mehreren Interviews hat sich Houellebecq selbst zu religiösen Fragen geäußert. So prophezeite er in der „Frankfurter Rundschau“ eine Rückkehr der Religionen: Die Frage sei nur, „welche Religion zurückkehrt. Der Islam, der gerade in aller Munde ist? Vielleicht. Aber es gibt auch andere Religionen, die nicht so viel Aufhebens um sich machen. Der Buddhismus zum Beispiel, aber auch die katholische Kirche scheinen mir einen Sympathiezulauf zu verzeichnen.“ Es sei ein Irrtum, die Religion nur durch soziale Rahmenbedingungen oder wirtschaftliche Zwänge erklären zu wollen. „Die Religion führt ein Leben für sich.“ In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ fügte der Schriftsteller hinzu, er sei „überzeugt, dass im Grunde nur Zivilisationen überleben können, die auf einer Religion fußen … Das Leben ist ohne Religion so über alle Maßen traurig.“ Allerdings, so Houellebecq, stünden die Religionen nicht in einem friedlichen Wettbewerb um die Wahrheit nebeneinander, sondern verdrängten sich gegenseitig auf natürlich-biologische Weise, je nachdem, wer mehr Anhänger hinter sich bringen kann. „Daher ist Religion eine Angelegenheit der Demographie.“

Saudis kaufen die Sorbonne

Im Roman werden diese Verdrängungsmechanismen scharfzüngig und voll sarkastischer Ironie beschrieben. Um zu verhindern, dass die stärkste Fraktion, die rechtsextreme „Front National“, den Präsidenten stellt und Frankreich aus der Europäischen Union aussteigt, einigen sich die Sozialisten und die bürgerliche Rechte darauf, den charismatischen Kandidaten der Muslimbruderschaft, Mohammed Ben Abbes, zu unterstützen. Dessen Partei beansprucht zum Erstaunen aller kein „Schlüsselressort“ wie etwa das Finanz- oder das Innenministerium, sondern konzentriert sich auf Bildungsthemen. Die katholischen Bekenntnisschulen bleiben erhalten, mit saudischem Geld entstehen jedoch überall großzügig ausgestattete Koranschulen. Besonderen Wert legen die arabischen Geldgeber auf die Übernahme berühmter europäischer Universitäten. Nachdem Katar Oxford gekauft hat, setzen die Saudis alles daran, die Sorbonne zu erhalten. Da diese ohnehin in einem maroden Zustand ist?- zur Finanzierung müssen repräsentative Räume regelmäßig an Agenturen für Promi-Events vermietet werden?- ist ein Teil der Professorenschaft durchaus bereit, mit den neuen Machthabern zusammenzuarbeiten, zumal diese die Freiheit der Forschung nicht einschränken. Sie bestehen „nur“ auf einem Lehrverbot für Frauen und einer Änderung in der Kleidungsordnung. Wer damit nicht einverstanden ist, kann sich großzügig abfinden lassen und seine Pension genießen. Auch François, der es mit seinen Arbeiten über den französischen Schriftsteller Joris-Karl Huysmans (1848-1907) zu einiger Berühmtheit gebracht hat, macht von diesem Angebot Gebrauch.

Mit Joris-Karl Huysmans taucht das Motiv des katholischen Frankreich auf. Dessen Schrift „Gegen den Strich“ wurde seinerzeit zu einem Kultbuch, zur „Bibel der Décadence“ („Die Zeit“), die Oscar Wilde nachhaltig beeinflusste: Der Ästhetizismus, die Kunst als Flucht vor der unerträglichen Banalität, die radikale Autonomie des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft waren seine beherrschenden Themen. Wie Oscar Wilde konvertierte auch Huysmans zum Katholizismus. Er starb als Laienbruder 1907 in einem Benediktinerkloster in Paris. Sein Roman „Gegen den Strich“ endet sogar mit einem Stoßgebet, da nur der Glaube einen Dandy erlösen könne: „Herr erbarme dich eines Christen, der zweifelt, eines Ungläubigen, der glauben möchte, eines Galeerensklaven des Lebens, der sich einschifft, allein in der Nacht, unter einem Firmament, das die tröstlichen Leuchtfeuer der alten Hoffnung nicht mehr erhellen.“

In Houellebecqs Roman ist Huysmans das Alter Ego des Helden. Die Auseinandersetzung mit Huysmans stand sogar am Anfang des Schreibprozesses, bekannte der Autor. Die Wandlung, dass ein anfangs totaler Nihilist und Décadent später Katholik wurde, „wollte ich mit einem Helden unserer Tage probieren“. Allerdings sei es ihm nicht gelungen: „Ich habe mehrfach versucht, die Szene zu schreiben, und es fühlte sich immer falsch an. Da kam mir die Idee mit dem Islam.“

Warum aber entscheidet sich der agnostische Held schließlich für den Islam und nicht für das Christentum? Die Schlüsselszene spielt nicht zufällig in dem Dorf Martel in den Pyrenäen, dessen Namen an den fränkischen Herrscher Karl Martell erinnert, der 732 die Araber bei Poitiers geschlagen hatte. Dorthin flüchtet sich François, weil es in Paris während der Wahlen zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Rechtsnationalisten und Islamisten kommt. Am Ende steht eine Regierung der nationalen Einheit, geführt von dem Muslimbruder Ben Abbes, der einen katholischen Ministerpräsidenten ernennt. Über ihn heißt es bösartig, er habe „nie eigene Vorstellungen gehabt und auch nicht so getan, als hätte er welche.“ Gerade dies mache ihn zum „idealen, den Begriff des Humanismus verkörpernden Politiker“, der sich überdies noch für einen „großartigen Friedensstifter im Dialog der Religionen hält.“ Bei der „katholischen Wählerschaft, die seine Dämlichkeit beruhigt“, erfreue er sich größter Beliebtheit.

Das Römische Reich, muslimisch

Ein pensionierter Mitarbeiter des Geheimdienstes klärt François über die politischen Ziele und das interreligiöse Verständnis des neuen muslimischen Staatspräsidenten auf. Ben Abbes sei weder Dschihadist noch habe er sich mit der antikapitalistischen Linken eingelassen. Er habe vielmehr die konservative Wählerschaft beruhigt, weil er verstanden habe, „dass Wahlen nicht auf dem Feld der Wirtschaft, sondern auf dem der Werte entschieden würden“. Mit seinen Programmen zur Stärkung der Familie und zur Wiederherstellung der traditionellen Moral habe er das Feld der politischen Rechten besetzen können, das diese missachtet hatte, aus Furcht, „von den letzten Achtundsechzigern als Reaktionäre oder sogar als Faschisten bezeichnet zu werden“. Katholiken müssten daher keinerlei Angst haben. Die Subventionen für ihre Verbände und für die Instandhaltung der Kirchen würden vermutlich sogar erhöht werden, „auch wenn die von den Erdöl-Monarchien für die Moscheen zur Verfügung gestellten Mittel natürlich deutlich großzügiger ausfallen“. Schwieriger sei das Verhältnis mit den Juden, weil „das Palästina-Problem alles vergiftet“. Zwar unterhalte Ben Abbes „ein gutes Verhältnis zum Großrabbiner von Frankreich“, vielleicht werde er „aber trotzdem von Zeit zu Zeit die Zügel seiner Extremisten lockern. Denn auch wenn er wirklich glaubt, die Katholiken in großem Ausmaß zur Konversion bewegen zu können?- und es ist nicht gesagt, dass das unmöglich wäre?-, macht er sich da im Hinblick auf die Juden zweifellos keine Illusionen. Meiner Meinung nach wünscht er sich im Grunde, dass sie sich freiwillig dafür entscheiden, Frankreich zu verlassen und nach Israel zu emigrieren.“ Sein eigentliches politisches Ziel sei aber die Erneuerung des Römischen Reichs im Sinne einer Mittelmeerunion, die nach der Aufnahme von bevölkerungsreichen islamischen Staaten wie der Türkei, Ägypten oder Tunesien zwangsläufig muslimisch dominiert wäre.

Nach dem Gespräch mit dem Geheimdienstmann zieht sich François in den benachbarten Wallfahrtsort Rocamadour zurück. Wie vor ihm berühmte christliche Herrscher und Heilige betrachtet er das Gnadenbild der Schwarzen Madonna. „Die Jungfrau saß ganz aufrecht; ihr Gesicht mit den geschlossenen Augen schien so sehr entrückt, dass es geradezu außerirdisch wirkte, den Kopf schmückte ein Diadem. Das Jesuskind … auf ihrem Schoß saß ebenfalls sehr aufrecht … Die Haltung der beiden brachte weder Zärtlichkeit noch Mutterliebe zum Ausdruck. Dargestellt war nicht das Jesuskind, sondern schon der zukünftige König und Herr der Welt. Seine Abgeklärtheit und der Eindruck von spiritueller Macht und unantastbarer Kraft, den er erweckte, waren beinahe furchteinflößend.“ Die wenigen jungen Gläubigen wirken dagegen wenig furchteinflößend. Junge Leute „in Jeans und Polohemden, die alle jenen offenen und brüderlichen Gesichtsausdruck trugen, den die jungen Katholiken aus welchen Gründen auch immer aufsetzen … Ob diese jungen Katholiken wohl ihre Erde liebten? Ob sie bereit waren, sich für sie zu verlieren?“ In einer Vision blitzt dem Autor noch einmal die Erneuerung des christlichen Mittelalters auf, als bewaffneter Kampf der Kulturen. „Es kam mir so vor, als würde die Muttergottes sich erheben, als wäre das Jesuskind bereit, sich von ihr loszumachen, und ich hatte den Eindruck, dass es jetzt nur seinen rechten Arm zu heben brauchte, um die Heiden und Götzendiener zu vernichten, und die Führer der Welt würden ihm ‚als Gott, als Allvater und als Herr‘ wieder folgen.“ Doch im nächsten Augenblick wird diese Vision als „mystische Unterzuckerung“ konterkariert.

Die Jungfrau im Halbdunkel

Das Christentum ist?- aus guten Gründen, möchte man ergänzen?- keine politisch-kriegerische Bewegung mehr, weder im Roman, noch in der Realität. Die Frage ist nur, ob es deswegen auch seine gesellschaftspolitisch prägende Kraft eingebüßt hat und zu einem Museumsstück geworden ist, wie es der Schlussteil der Vision nahelegt: „Still und unvergänglich verharrte die Jungfrau im Halbdunkel. Sie besaß die Oberhoheit, sie besaß die Macht, doch nach und nach spürte ich, wie sie sich in den Raum und in die Jahrhunderte zurückzog, während ich, eingezwängt in meine Sitzbank, immer kleiner wurde, immer mehr schrumpfte. Nach einer halben Stunde stand ich, endgültig vom Geist verlassen und auf meinen lädierten, vergänglichen Körper beschränkt, wieder auf und ging traurig die Stufen zum Parkplatz hinunter.“

Wesentlich vitaler und völlig frei von Melancholie und Selbstzweifel wird der Islam im Roman geschildert. Dem fünften Kapitel ist ein Zitat von Ajatollah Chomeini vorangestellt: „Wenn der Islam nicht politisch ist, ist er nichts.“ An der Basis ist das Netzwerk muslimischer Bruderschaften außerordentlich rege und rührig. Auf intellektueller Ebene erscheint der Islam gegenüber dem Christentum schlicht als die einfachere Religion. Gott ist das absolute Geheimnis, der Schöpfer des Alls. Seinen geoffenbarten Gesetzen haben die Menschen zu folgen. Der neue, zum Islam übergetretene Rektor der Sorbonne versucht, François diesen Gedanken nahezubringen: „Ist es im Grunde genommen nicht lächerlich, wenn diese mickrige Kreatur, die auf einem unbedeutenden Planeten in einem Seitenarm einer ganz gewöhnlichen Galaxie lebt, sich auf seinen Beinchen aufrichtet, und verkündet: ‚Es gibt keinen Gott‘?“

Polygamie für Patriarchen

Doch die eigentlichen Beweggründe von François’ „Bekehrung“, die ihn wieder zum Professor macht, liegen ganz woanders: Es ist die Lust am Sex, an der Unterwerfung der Frau. Völlig zu Recht schreibt die arabischstämmige Publizistin Sineb al Masra (in der „Frankfurter Allgemeinen“), sie würde sich nicht wundern, wenn unter Houellebecqs Lesern „sich auch so mancher begeisterte Salafist oder Elite-Islamist tummelte.“ Dass im Roman nicht die Rückkehr zum Katholizismus imaginiert wird, liege daran, dass dieser „zu sexfeindlich“ ist. „Das?- zumindest für Männer?- sexfreundlichere Regularium des weitverbreiteten Männer-Islam bietet da nämlich ganz andere Möglichkeiten.“ Im Roman öffnet das schnell aufgesagte islamische Glaubensbekenntnis „alle Pforten für den Mann?- beruflich wie privat … Frauen jeglichen Alters stehen zur Verfügung, Sex zur Fortpflanzung oder zum Vergnügen. Ohne Reue. Keine Frau mehr, die ihre Selbstverwirklichung einfordert. Geschweige denn ihren Sexualpartner selbst wählt. Die männliche Kränkung durch den Feminismus scheint endlich passé“, schreibt Sineb al Masra. Von dieser Umerziehung der Frauen, von der Rückkehr der männlichen Alleinherrschaft in der Öffentlichkeit träumt auch François. „Jede dieser jungen Frauen, mochten sie noch so hübsch sein, wäre glücklich und stolz, von mir auserwählt zu werden, und sich geehrt fühlen, mein Bett mit mir zu teilen.“

Am selben Tag, an dem das Buch in Paris vorgestellt wurde, ermordeten Dschihadisten viele Redakteure und Karikaturisten von „Charlie Hebdo“. Houellebecq selbst steht unter Polizeischutz. Der vom Autor stets bestrittene Vorwurf, „Unterwerfung“ sei ein islamophobes Werk, ist nicht haltbar. Es ist gibt keine gotteslästerlichen Passagen, keinen Satz über Mohammed, dafür umso mehr kritische Anfragen an die säkular laizistische Gesellschaft des Westens hinsichtlich ihres Umgangs mit dem kulturellen und christlichen Erbe Europas. Egal, ob man „Unterwerfung“ als Weckruf oder als rabenschwarze Politsatire liest?- die Ereignisse von Paris haben Houellebecqs Ruf bestätigt, ein ebenso glänzender wie pessimistischer Zeitbeobachter zu sein, dessen Visionen nie eintreten mögen. (Du Mont Verlag, Köln 2015, 270 S., 22,99 €)

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