Die Südkorea-Reise des PapstesZwischen Raketen und Konsum

Die Menschen im geteilten Korea hoffen auf Einheit. Eine gespaltene Gesellschaft fragt, wie Leben in Gemeinschaft gelingen kann. In Südkorea setzte Papst Franziskus politische Zeichen in Richtung Asien.

Lasst uns also beten … um ein immer tieferes Erkennen, dass alle Koreaner Brüder und Schwestern sind, Glieder einer Familie, eines Volkes.“ Papst Franziskus hat zum Abschluss seiner Südkorea-Reise vom 13. bis zum 18. August in einem Gottesdienst „für Frieden und Versöhnung“ in der Kathedrale der Hauptstadt Seoul „zum Dialog, zur Begegnung und zur Überwindung von Gegensätzen“ aufgerufen. Die Sehnsucht nach Frieden und Aussöhnung ist in der koreanischen Bevölkerung groß, ist das Land doch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs entlang des 38. Breitengrads getrennt. Auf die ersehnte Befreiung von der japanischen Herrschaft folgte zunächst die Einteilung in eine amerikanische und eine sowjetische Besatzungszone. Der blutige Koreakrieg, der vor allem als Stellvertreterkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China geführt wurde, zementierte 1953 die bis heute andauernde Teilung.

Die Erwartungen vor dem Papstbesuch waren nicht nur bei den südkoreanischen Katholiken hoch, sondern auch unter den Religionslosen, die knapp die Hälfte der Bevölkerung bilden. Während sich in Asien durchschnittlich drei Prozent der Bevölkerung zum Christentum bekennen, sind es in Südkorea 28 Prozent, zehn Prozent sind Katholiken. Selbst Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye, die katholisch getauft ist, eine katholische Schule besuchte, aber nach übereinstimmenden Medienberichten keine große Nähe zur Kirche pflegt, bekundete die Hoffnung, Franziskus werde „eine Zeit des Friedens und der Versöhnung auf der koreanischen Halbinsel einleiten“.

Zu diesen Worten wollen allerdings die politisch-militärischen Signale der beiden Regierungen des geteilten Landes nicht recht passen: Noch 35 Minuten vor der Landung des Papstes in Südkorea flog eine von drei aus Nordkorea abgeschossenen Raketen angeblich zu Testzwecken durch den Himmel über dem chinesischen Meer. Und am Tag der Abreise versammelten sich 80 000 südkoreanische und amerikanische Soldaten, um wie jedes Jahr zwei Wochen lang die Abwehr eines nordkoreanischen Militärschlags zu proben.

Kirchliche Kritik am Militär

Es steht außer Frage, dass mit Kim Jong-un im nordkoreanischen Pjöngjang ein gnadenloser Diktator die sogenannte Volksrepublik willkürlich beherrscht und die Bevölkerung grausam unterdrückt. Wie schon sein Vater und sein Großvater, der als Staatsgründer und „ewiger Präsident“ bis heute das offizielle Staatsoberhaupt ist, riegelt er das Land hermetisch ab. Eine militärische Elite bereichert sich schamlos, große Teile der Bevölkerung leiden Hunger und Regimekritiker werden in Lagern gefoltert und systematisch jeglicher menschlichen Würde beraubt, so dass sie am Ende ihrer psychischen und physischen Kräfte sich untereinander als Feinde betrachten, wie Überlebende berichteten (vgl. CIG Nr. 14/2013, S. 154). Der große Nachbar China hält nach wie vor die Hand schützend über den Norden, wohl auch, weil er befürchtet, dass die USA eine ähnlich dominante Rolle gegenüber einem vereinten Korea beanspruchen werden wie derzeit im Falle Südkoreas. Zwischenzeitliche Mutmaßungen, das wirtschaftlich isolierte Nordkorea stehe vor dem Zusammenbruch oder es gebe eine Annäherung der beiden Landesteile, haben sich bislang genauso wenig bewahrheitet wie die 1989 aufkeimenden koreanischen Hoffnungen auf Einheit nach der friedlichen Revolution und dem Fall der Mauer hierzulande.

Obwohl Nordkorea Christen und Andersgläubige verfolgt, kritisieren Teile der katholischen Kirche Südkoreas auch die militärischen Macht-Demonstrationen der eigenen Regierung deutlich. So berichtete der frühere Asienreferent des Hilfswerks „Missio“, Georg Evers, in der „Herder Korrespondenz“, dass etwa Park Chang-shin von der „Organisation katholischer Priester für Gerechtigkeit“ auch Verständnis für die Sicht Nordkoreas geäußert habe, die sich durch südkoreanische Militärmanöver immer wieder provoziert sähen.

Friede - Werk der Gerechtigkeit

Papst Franziskus unterließ jede Art der Schuldzuweisung. Dennoch setzte er gleich zu Beginn seines Aufenthalts einer Politik militärischer Drohgebärden unmissverständlich sein Verständnis von Frieden entgegen: „Friede ist nicht einfach das Nichtvorhandensein von Krieg, sondern ‚das Werk der Gerechtigkeit‘ (vgl. Jesaja 32,17). Und Gerechtigkeit als Tugend erfordert die Disziplin der Langmütigkeit; sie verlangt, dass wir vergangene Ungerechtigkeiten nicht totschweigen, sondern sie überwinden durch Vergebung, Toleranz und Zusammenarbeit. Sie verlangt die Bereitschaft, Ziele auszumachen und zu erreichen, die beiderseitig von Vorteil sind, und so die Grundlagen für gegenseitige Achtung, Verständigung und Versöhnung zu schaffen.“ Die Präsidentin Park Geun-hye nahm diese Ansprache zwar stoisch hin, zeigte jedoch - wie die „Süddeutsche Zeitung“ kommentierte - mit ihrer anschließenden Rede, dass von der päpstlichen Botschaft „nichts hängengeblieben“ ist.

Kardinal Andrew Yeom Soo-jung von Seoul präsentierte anlässlich des Abschlussgottesdienstes das „Bildnis für Frieden und Wiedervereinigung“. Diese Dornenkrone aus Stacheldraht von der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea hält die Erinnerung an die Teilung, aber auch an die mahnenden Worte des Papstes inmitten der Hauptstadt wach. Der Erzbischof von Seoul ist zudem als offizieller Verwalter des nicht besetzten nordkoreanischen Hauptstadtbistums in seiner Person eine ständige Aufforderung zum Dialog über die Grenze hinweg.

Ein kritischer Stachel sind das Erzbistum Seoul, die Kathedrale und der Erzbischof seit der Militärdiktatur von Park Chung-hee, dem Vater der heutigen Präsidentin. Sie ist am 19. Dezember 2012 demokratisch in ihr Amt gewählt worden. Es gibt allerdings unter anderem in der Kirche Stimmen, die ihr Wahlmanipulationen vorwerfen. Kritik an der Wahl und an der Diktatur ihres Vaters sind Ursachen ihres spannungsreichen Verhältnisses zur katholischen Kirche.

Nach einer zunächst abwartenden Rolle angesichts des Militärputsches von 1961 wurden Bischof Daniel Tji Hak-soun von Wonju und der damalige Erzbischof von Seoul, Kardinal Stephen Kim Sou-hwan, zu den „schärfsten Kritikern der politischen Missstände“, wie Georg Evers im Asien-Band des Standardwerks „Kirche und Katholizismus seit 1945“ (Ferdinand Schöningh 2003) schreibt. Vor allem die Haft Bischof Tjis 1974 gilt als Weckruf, auch wenn es immer Bischöfe gab, die die antikommunistische Politik der Militärdiktatur unterstützten. Doch die bischöfliche Kommission „Justitia et Pax“ („Gerechtigkeit und Frieden“) dokumentierte die Gräueltaten der Militärs. Kardinal Stephen Kim von Seoul wurde sogar für Widerstandskämpfer anderer Konfessionen und Religionen „durch seinen mutigen Einsatz für die Menschenrechte zu einer allseits angesehenen Autoritätsperson“ und die Myongdong-Kathedrale im Zentrum Seouls „zum Sammelpunkt bei Demonstrationen und zum Zufluchtsort vor der Gewalt und des Militärs“.

Das Erbe der Militärs - Ende der achtziger Jahre kam es unter Präsident Roh Tae-woo zu einer Demokratisierung - ist vor allem auch der wirtschaftliche Aufstieg des Landes mit immensen Wachstumsraten, während der Aufbau eines Sozialstaates und die Stärkung der Arbeitnehmerrechte vernachlässigt wurden. Die Kirche stellte sich bei Protesten auf die Seite der Arbeiter. So fanden etwa streikende Gewerkschaftsführer in der Kathedrale in Seoul Zuflucht vor Verhaftungen, wie Evers betont. Doch „während es die Militärdiktatur nie gewagt hatte, den Schutzraum der Myongdong-Kathedrale zu verletzen, hatte die Regierung des protestantischen Präsidenten Kim Young-sams im Juni 1996 keine Hemmungen, die Polizei anzuweisen, die Gewerkschaftler, die sich in der Kathedrale im Hungerstreik befanden, gewaltsam zu entfernen und zu verhaften“. Der gemeinsame Protest führte jedoch dazu, dass die Regierung sehr wohl Zugeständnisse machte.

Totaler Wettbewerb

Die Entwicklung Südkoreas mit seiner Militärdiktatur sowie seinem Wirtschaftswachstum auf Kosten der Armen erinnert an die Situation in Lateinamerika. Vergleichbar der dortigen Befreiungstheologie betonten auch in Südkorea kirchliche Dokumente die Option für die Armen, den Vorrang der Armen. Sie beklagen den Zerfall der öffentlichen Sitten und fordern ein Ende von Korruption, Egoismus und Vorteilsnahme der herrschenden politischen und wirtschaftlichen Elite.

Daran konnte der Papst aus Lateinamerika anknüpfen, der nicht nur zur südlichen Hälfte eines geteilten Landes, sondern auch zu einer gespaltenen Gesellschaft sprach. „Mögen die Christen dieser Nation … die Verlockungen eines Materialismus, der echte geistige und kulturelle Werte erstickt, und den Geist des uneingeschränkten Wettbewerbs, der Egoismus und Unfrieden erzeugt, bekämpfen. Mögen sie auch unmenschliche Wirtschaftsmodelle, die neue Formen von Armut schaffen und Arbeiter an den Rand drängen, sowie die Kultur des Todes verwerfen, die das Bild Gottes, des Gottes des Lebens, entstellt und die Würde jedes Menschen - ob Mann, Frau oder Kind - verletzt“, sagte Franziskus I. bei einer Messe in der Technologie-Metropole Daejeon.

Die Ideologie eines totalen Wettbewerbs führt zu einem gnadenlosen Konkurrenzdruck, der für Kinder nicht selten schon vor der Schulzeit beginnt. Für manchen Beobachter liegt darin auch einer der Gründe dafür, dass sich in Südkorea 33,3 Personen pro 100 000 Menschen selbst das Leben nehmen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 10,8. Entgegen dem internationalen Trend nimmt die Zahl der Selbsttötungen sogar zu. Die steigende Arbeitslosigkeit gerade auch unter Jugendlichen mag hier eine Rolle spielen. Der Papst kam vor den Teilnehmern des VI. Asiatischen Jugendtags, dem offiziellen Anlass seiner Reise, darauf zu sprechen: Inmitten immensem materiellem Reichtum herrschten oft geistliche Armut, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Eine „geistige Wüste“ scheine jungen Menschen die Hoffnung und in „allzu vielen Fällen sogar ihr Leben“ zu nehmen.

Eine Kirche der Laien

Wie sehr der Tod von fast dreihundert Menschen - darunter viele Schüler - beim Untergang der Fähre „Sewol“ im April das Land nach wie vor spaltet, erlebte der Papst eindrücklich bei einem seiner - ungeplanten - Zwischenstopps. Als er eine Gruppe sah, die mit einem Transparent „Wir wollen die Wahrheit“ auf die aus ihrer Sicht mangelnde Aufarbeitung der Tragödie hinwiesen, ließ er das Auto anhalten. Er tröstete die Angehörigen von Opfern und hörte sich ihre Sicht an. Sie vermuten hinter dem Unglück „Profitgier, Korruption und ein allzu enges Netzwerk der politischen und wirtschaftlichen Eliten des Landes. Augenzeugen berichteten später, Tränen in den Augen des Papstes gesehen zu haben“, so die Darstellung der „Frankfurter Allgemeinen“.

Die Spaltung zwischen Arm und Reich zu überwinden sowie die beherrschende Stellung der Eliten zu brechen, trauen immer mehr Menschen eher dem Christentum zu. Von ihm erwarten sie Antworten auf die bohrenden Fragen nach dem Sinn ihres Daseins, weniger vom jahrhundertelang vorherrschenden Buddhismus. Nur noch 23 Prozent der Bevölkerung bekennen sich heute zur Lehre Buddhas (um 560-480 v. Chr.), die ja zu dessen Lebzeiten geradezu revolutionär war, weil sie sich auf das einzelne Individuum konzentrierte und den Weg zur Erleuchtung geradezu demokratisierte. Die Anpassungsfähigkeit dieser Weltreligion an die jeweiligen kulturellen Gegebenheiten bei ihrer Verbreitung von Indien über große Teile Asiens mag ein Grund dafür sein, dass ihre geistlichen Führer wie etwa im Falle Koreas eben auch zu Garanten eines hierarchischen, elitären Systems werden konnten.

Selbst während der Diktatur verstanden sich die buddhistischen Führer zu sehr als Verteidiger des Vaterlandes. Auch die stark wachsenden protestantischen Kirchen, die Ende des 19. Jahrhunderts aus den USA nach Südkorea kamen und zu denen sich heute achtzehn Prozent der Bevölkerung bekennen, hatten den politisch und wirtschaftlichen Eliten nur wenig entgegengesetzt. Derzeit wächst die katholische Kirche Südkoreas, wie wohl sonst in kaum einem Land der Welt. Gab es 1990 drei Millionen Katholiken, waren es 2001 bereits vier, und heute bezeichnen sich mehr als zehn Prozent der knapp 50 Millionen Südkoreaner als katholisch. Bei aller Euphorie stellt allerdings selbst die „Katholische Nachrichten-Agentur“ erste „Ermüdungserscheinungen“ fest. Die Gründung mehrerer Priesterseminare in den vergangenen Jahrzehnten habe längst zu einem quantitativen Überangebot geführt, während intern das fehlende theologische Niveau kritisiert wird. Die Kirche Südkoreas hat sich klerikalisiert und ist - ähnlich wie in Europa - heute mehr und mehr eine Glaubensgemeinschaft der Mittelschicht.

Dabei steht die koreanische Kirche in ihren Anfängen für eine von Laien gegen massive Widerstände aufgebaute Glaubensgemeinschaft, die sich einmischt, Partei ergreift, sich für das gelingende Leben des Einzelnen in einer gerechten Gemeinschaft einsetzt. „Das apostolische Ideal einer ‚Kirche der Armen und für die Armen‘ kam in den ersten christlichen Gemeinden eures Landes deutlich zum Ausdruck. Ich bete, dass dieses Ideal den Pilgerweg der Kirche in Korea in ihrem Blick auf die Zukunft weiterhin prägen möge.“ Mit diesem Hinweis machte der Papst deutlich, worin er die Vorbildfunktion der von ihm während der Reise seliggesprochenen 124 Märtyrer sieht. Er bleibt auf seiner „evangelischen“ Linie, wonach das Glaubenszeugnis seinen konkreten Ausdruck stets im solidarischen und gerechten Handeln am anderen, am Nächsten findet.

Die verhinderte Inkulturation

Viele koreanische Christen sehen „im großartigen Wachstum ihrer Kirche eine Bestätigung des Satzes aus der Urkirche, dass das ‚Blut der Märtyrer der Samen ist, aus dem Christen hervorgehen‘“, schreibt Georg Evers in „Kirche und Katholizismus seit 1945“. Kritisch fragt er jedoch, welchen Anteil die Entscheidung des zentralen römischen Lehramts, die Ahnenverehrung und die Feier traditioneller Riten rigoros zu untersagen, am tödlichen Ausgang des Glaubenszeugnisses koreanischer Christen hatte: „Gab es tatsächlich keine andere Möglichkeit, als die Verehrung des Konfuzius und die Ahnenverehrung als Idolatrie und Abfall vom christlichen Glauben zu brandmarken?“ Den damaligen Herrschern erschien das Christentum wegen dieser Ablehnung der Konfuzius- und Ahnenverehrung als staatsgefährdende Religion, welche die Gesellschaftsordnung infrage stellte. Da es bereits während der großen Verfolgungswellen im 19. Jahrhundert, bei denen mehr als 10 000 Christen starben, Befürworter einer Beteiligung an diesen Riten gab, ist für Evers die Polarisierung zwischen Kirche und Gesellschaft umso bedauerlicher. Erst in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts nahm der Vatikan diese Argumente zur Kenntnis und korrigierte ihre Verurteilung. „Einen Fehler in der Beurteilung wollte Rom allerdings auch dann noch nicht einräumen, sondern sprach nur davon, dass die Riten im Laufe der Geschichte eine substanzielle Änderung durchgemacht hätten.“

Im Unterschied dazu konnte sich 1970 die „Vereinigung der asiatischen Bischofskonferenzen“ zu einer ehrlichen, selbstkritischen Haltung durchringen. In einer Erklärung sprachen sie mit Blick auf den sogenannten Ritenstreit „von ‚Unterlassungen‘ und ‚Fehlern‘, die bei der Inkulturation der Botschaft des Evangeliums in Asien gemacht worden seien“. Dabei hatten sich die koreanischen Laien am Ursprung ihrer Kirche - als Geburtsjahr gilt 1784 - das Christentum selbstständig angeeignet. Noch heute ist man stolz darauf, dass es nicht ausländische Missionare waren, sondern koreanische Gelehrte, die das Christentum am chinesischen Kaiserhof kennengelernt und die befreiende Botschaft in ihrem Heimatland bezeugt und weitergetragen hatten. Gerade den Laien der christlichen Frühzeit gelang eine - aus heutiger Sicht - vorbildliche Inkulturation.

Brücke nach China

Die Tradition der koreanischen Märtyrer, die innerhalb ihres Landes die Frohe Botschaft verbreiteten, wird heute durch die vielen koreanischen Missionare in Nord- und Südamerika sowie in Europa, aber vor allem in den asiatischen Nachbarländern fortgesetzt. An der Brücke, die sie längst etwa nach China schlagen, scheint auch Papst Franziskus mitbauen zu wollen. Die Länder Asiens, die noch keine Beziehung zum Heiligen Stuhl unterhalten, sollten „nicht zögern, einen Dialog zum Wohl aller voranzutreiben“ - nicht nur einen politischen, sondern auch einen brüderlichen. Christen kämen dabei nicht als „Eroberer“, sondern respektierten nationale und kulturelle Identitäten.

Der Papst will Asien wohl zu einem Schwerpunkt seines Pontifikats machen. Im Januar reist er nach Sri Lanka und auf die Philippinen. Zudem wird über eine Japanreise spekuliert. Seine Initiative wird in China sicherlich auf Widerstände stoßen. Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet, planen staatliche Stellen die Entwicklung einer eigenen christlichen Theologie. Dies passt zur Linie der kommunistischen Führung, die seit Jahren die von Rom nicht anerkannte „Katholisch-Patriotische Vereinigung“ kontrolliert, während sie die katholische Untergrundkirche mit ihren vom Vatikan berufenen Bischöfen und deren Priester verfolgt. Vergleichbar gibt es Protestanten unter staatlicher Aufsicht und „Untergrund-Protestanten“.

Trotz der zu erwartenden Schwierigkeiten erscheint der Zeitpunkt für eine Annäherung günstig. Denn in der gesamten Region verschieben sich die Machtverhältnisse und Koalitionen. So nähert sich Südkorea wirtschaftlich längst an China an. „Das Handelsvolumen ist heute schon größer als der Handel südkoreanischer Unternehmen mit den Vereinigten Staaten und Japan zusammen“, berichtete die FAZ. Und auf die Wirtschaft folgt die Politik: Chinas Staatspräsident Xi Jinping geißelte in einer Rede an der Universität Seoul den japanischen Nationalismus. Auch wenn bis heute die USA und Japan die wichtigsten Verbündeten sind, eint China und Südkorea die Erinnerung an die Besetzung durch Japan vor und während des Zweiten Weltkriegs. Weigert sich Japan, die Gräueltaten dieser Zeit anzuerkennen, treibt es Südkorea weiter in die Arme Chinas. Beim Papstbesuch machten die sogenannten „Trostfrauen“ auf ihr Schicksal aufmerksam. Als Sex-Sklavinnen wurden koreanische und chinesische Frauen von Japanern in Bordelle verschleppt, um dort den Soldaten gefügig zu sein, „Trost zu spenden“. Den Überlebenden hörte Franziskus zu und trug im Abschlussgottesdienst ihr Erkennungszeichen auf seinem weißen Gewand: einen gelben Schmetterling. Auch dies eine der vielen Gesten dieser ausgesprochen politischen „Pastoralreise“.

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