Martin LutherZwischen Teufel und Gott

Der moderne Mensch ist schwerhörig geworden für religiöse Fragen. Martin Luther könnte ihm ein Zugang sein, denn er hat die menschliche Grundsituation gedeutet und was Glauben darin heißt.

Die evangelische Kirche feiert 2017 den 500. Jahrestag des Thesenanschlags Martin Luthers an die Schlosskirche von Wittenberg. Es wird der Höhepunkt einer ganzen „Reformationsdekade“ sein, die schon 2008 begonnen hat, mit hunderten Veranstaltungen, Ausstellungen, Konzerten, Reiseprogrammen. Und die Gefahr ist groß, dass sie den Reformator kolossal verfehlt.

Das macht sie, sobald sie sich damit begnügt, darauf hinzuweisen, welchen geschichtsprägenden Einfluss die Reformation bis heute hat. Dass etwa die Vorstellung vom „Priestertum aller Glaubenden“ eine umwälzende Kraft hatte, ohne die demokratische Beteiligungsprozesse oder der moderne Partizipationsgedanke nicht möglich geworden wären. Dass die Übersetzung der Bibel zu einer breiten Volksbildung führte und dem mündigen Menschen der Aufklärung und somit der wissenschaftlichen Entwicklung Vorschub geleistet hat. Dass die aus der „Rechtfertigung des Sünders“ entspringende „Freiheit eines Christenmenschen“ zum heutigen Verständnis von Menschenrechten und Menschenwürde beigetragen hat. Dass das der Reformation folgende konfessionelle Zeitalter, in dem sich Protestanten und Katholiken in einem elend langen Krieg massenhaft abschlachteten, geistesgeschichtlich die Trennung von Kirche und Staat begünstigte. Dies wiederum beförderte die Säkularisation und setzte einen Prozess der allmählichen gegenseitigen Respektierung in Gang, von dem andere Religionen lernen könnten.

Auf all diese Errungenschaften weist der Vizepräsident des Hannoveraner Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Thies Gundlach, in einem Beitrag für ein EKD-Themenheft zum Reformationsjubiläum hin. Und doch lässt ihn dieser wirkungsgeschichtliche Blick auf „fundamentale Bedeutungen der Reformation für die Gegenwart etwas ratlos zurück“.

Die Reformation - na und?

Die Tatsache, dass heutige Partizipations-, Bildungs-, Freiheits- oder Rechtsstaatlichkeitsgedanken wichtige Wurzeln in der Reformation haben, sei zwar interessant zu wissen, sozusagen etwas für Bildungsbürger, doch „na und?“, fragt Gundlach. Die Errungenschaften der Reformation nötigen zwar dem historisch Interessierten Respekt ab, doch kann die Rückbesinnung auf die Reformation auch prägende persönliche Botschaften für jeden Einzelnen im 21. Jahrhundert bringen? War Luther anfangs von der Frage „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ getrieben, steht der Cheftheologe jener Kirche, die im Wesentlichen aus dem Protest des Reformators gegen Rom hervorgegangen ist, heute vor der Frage „Wie bekomme ich ein relevantes Reformationsjubiläum?“

Diese Frage erscheint im Vergleich zur ersten nur vordergründig als kleingeistig. Denn beide haben ein gemeinsames Anliegen: Sie sprechen die Bedeutsamkeit einer Sache für das Individuum an. Luther fragte nicht einfach in scholastisch-abstrakter Manier nach dem Wesen Gottes an sich, sondern nach dessen Gnade, also nach dem Wesen Gottes bezogen auf den Menschen. So fragt Gundlach nicht danach, wie ein Reformationsjubiläum möglichst öffentlichkeitswirksam, originell, bedeutungsschwanger zu begehen sei, sondern nach dessen Relevanz: Welche Bedeutung kann es für den Einzelnen aktuell bekommen, welche Kraft entfalten jenseits einer musealen Erinnerungskultur? Die Stoßrichtung geht über allgemeine Befunde hinaus und zielt auf die existenzielle Dimension.

Gundlach sieht auch die Gefahr der Banalisierung, Trivialisierung, Infantilisierung und Kommerzialisierung christlicher Frömmigkeit. Er bemängelt die fehlende „geistliche Ausstrahlung“ der reformatorisch geprägten Kirchen (es steht jedem frei, auch die katholische Kirche daraufhin zu überprüfen) und führt dies auf den Verlust zentraler kirchlich-theologischer Inhalte zurück: Es fehlen „der Glaube an Gott, die Hoffnung auf Christus und das Vertrauen auf die Heilige Schrift“.

Stattdessen reagierten die Kirchen auf die wachsende Gleichgültigkeit ihnen gegenüber mit einer „Diakonisierung der Relevanz“. Das heißt: „Man entwickelt Thesen zu den Werten, die man vertritt, oder zum Sozialkapital, das man bereitstellt, oder zur Nächstenliebe, die man organisiert, usw.“ Dies jedoch seien „Funktionen eines Glaubens“ - nicht aber Glaube selbst, der der „innere Motor allen Handelns“ sei. Die zentrale Herausforderung für die Kirchen bestehe darin, „die Sehnsucht nach Gott, nach dem Heiligen, nach Frömmigkeit und Innerlichkeit“ zu thematisieren.

Was lässt sich dazu von Luther lernen? Wie kann er uns heute so ansprechen, dass die eigentlichen Glaubensfragen gestellt werden, damit wir letztlich leichter leben und sterben können? Gundlach räumt ein: Der theologische Kern der Reformation, die Rechtfertigungsbotschaft, sei heute „weithin unverständlich“. Zwischen uns und Luther herrsche eine „faktische Sach- und Sprachfremdheit“.

„Der garstige breite Graben“

Dabei ist die Quellenlage gut. Luthers Denken lässt sich aus rund 80?000 Seiten rekonstruieren. Seine Schriften sind in einer kritischen Gesamtausgabe in 127 dicken Bänden, der Weimarana oder Weimarer Ausgabe, zugänglich, von der Bibelübersetzung, den reformatorischen Hauptschriften über Vorlesungsmitschriften von Studenten, Predigten, seinen Briefwechseln bis zu den Tischreden, in denen er auch über Alltagsdinge sprach.

Und dennoch gibt es jenen „garstigen breiten Graben“, von dem Gotthold Ephraim Lessing sprach, bezogen allerdings auf das Auseinanderstreben eines zeitgemäßen Vernunftglaubens und der Jahrhunderte alten biblischen Überlieferung, nachdem die historisch-kritische Forschung den Offenbarungsglauben der Schriften des Alten und Neuen Testaments entheiligt hatte: „Zufällige Geschichtswahrheiten können der Beweis von notwendigen Vernunftswahrheiten nie werden.“

„Schauerlich wie aus dem Grab“

Doch ebenso ist von einem „garstigen breiten Graben“ zu sprechen zwischen dem Denken Martin Luthers, das in vielem einem mittelalterlichen Weltbild verhaftet ist, und einer immer schneller enteilenden Gegenwart seither. Die Kluft, die zwischen dem Wittenberger Reformator am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit und dem Weltbild des modernen Menschen klafft, dürfte trotz einer geringeren Zeitspanne weit größer sein, als es die zwischen Lessing und den Autoren der Bibel je war.

So setzt Luther beispielsweise in seiner Ausgangsfrage „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ den „Gegenstand“ - Gott - noch als selbstverständlich voraus, während dem modernen Menschen Gott als höchst unwahrscheinlich, unlogisch, unplausibel erscheint. In Anlehnung an Lessing wäre zu vermuten: Althergebrachte Gottesvorstellungen können als Grundlage für das Überzeugen von Agnostikern nie dienen.

Was Friedrich Nietzsche - halb spöttisch, halb verzweifelt - „schauerlich, wie aus dem Grabe uralter Vergangenheit, anweht“, ist für Luther noch normal: „Ein Gott, der mit einem sterblichen Weibe Kinder erzeugt; ein Weiser, der auffordert, nicht mehr zu arbeiten, nicht mehr Gericht zu halten, aber auf die Zeichen des bevorstehenden Weltuntergangs zu achten; eine Gerechtigkeit, die den Unschuldigen als stellvertretendes Opfer annimmt; jemand, der seine Jünger sein Blut trinken heißt; Gebete um Wundereingriffe; Sünden an einem Gott verübt, durch einen Gott gebüßt; Furcht vor einem Jenseits, zu welchem der Tod die Pforte ist; die Gestalt des Kreuzes als Symbol inmitten einer Zeit, welche die Bestimmung und die Schmach des Kreuzes nicht mehr kennt.“

Ein „verworrener Quark“

Nietzsche hat diese Zeilen in „Menschliches, Allzumenschliches“ 1878 als Beleg eines völlig abstrusen Glaubens formuliert. Und auch heute mag es in der Form absurd klingen. Doch das ist es nicht. Denn entscheidend sind nicht die Bilder, die Sprache, der Buchstabe, die die Inhalte transportieren, sondern das damit Gemeinte, und vor allem: was es uns bedeutet. Wer beim kognitiven Verstehen stehen bleibt, hat für sein Leben noch nichts gewonnen.

Wenn diese Übersetzungsleistung von den Texten zur Erfassung ihrer Intention und zu dem, was es für mein Leben heißt gelingt, dann erkennen wir Luther als einen ganz Großen. So groß, dass er uns über alle Spalte der Zeit, der sprachlichen Verständigung und der Denkmuster hinweg ein wertvoller Lehrer sein kann, weil er selbst ein Meister der Hermeneutik war, der Lehre vom Verstehen, weil er demonstriert hat, wie sich eine Botschaft aus dem Gehäuse schälen lässt, in dem sie steckt.

Wie Nietzsche ist auch Johann Wolfgang von Goethe zu widersprechen, der 1817 anlässlich des 300. Reformationsjubiläums stichelte: „Unter uns gesagt, ist an der ganzen Sache nichts interessant als Luthers Charakter, und es ist auch das Einzige, was der Menge eigentlich imponiert. Alles Übrige ist ein verworrener Quark, wie er uns noch täglich zur Last fällt.“ Denn wenn nur die biografischen und augenfälligen Ereignisse von Interesse wären - Luthers Schockerlebnis im Gewitter bei Stotternheim oder sein Leben als Augustinereremit im Kloster zu Erfurt oder der Zeitpunkt und Ort seiner reformatorischen Entdeckung angeblich auf dem Lokus oder die Hammerschläge an der Schlosskirche zu Wittenberg oder die Verbrennung der Bannandrohungsbulle oder die Heirat der ehemaligen Nonne Katharina von Bora oder der Auftritt vor dem Reichstag in Mainz oder die Zeit als Junker Jörg auf der Wartburg oder seine cholerischen Ausbrüche oder seine derben Sprüche oder sein altersstarrsinniger Antisemitismus oder auch nur Schlagworte wie die Rechtfertigung allein aus Glaube oder das vom allgemeinen Priestertum -, dann lohnte sich der enorme Aufwand, den die EKD während der Jubiläumszeit treibt, nur bedingt. Wiederum wäre das nicht viel mehr als das Bedienen Bildungsinteressierter und Museumspflege - wie es auch die Debatte um ein Luther-Denkmal in Berlin ist.

Der alte und der neue Mensch

Worum es gehen muss, ist, in den Denk- und Erfahrungshorizont Luthers zu blicken und den Prozesscharakter seiner Theologie zu erkennen.

Historiker fragen gerne nach äußeren Daten: Gehört Luther noch zum Mittelalter, gehört er zur Neuzeit, was an ihm ist alt, was neu? Viel spannender ist die Frage, was sich in seinem Inneren abspielt, geistig. Dabei stößt man auch auf die Begriffe alt und neu, doch in ganz anderem Sinn. Hier herrscht der Widerstreit zwischen dem alten Menschen und dem neuen Menschen unabhängig von der Zeit, in der er lebt. Es geht um die Bestimmung des Menschen als Mensch, um sein Selbstverständnis.

Er ist der in unheilvollen Traditionen und Mustern Gefangene und der gleichermaßen aus Verstrickungen Befreite. In Luthers alter Theologensprache: simul iustus - simul peccator, zugleich Gerechter und Sünder. Dies „stellt die fundamentale Signatur von Luthers Denken dar“, schreibt der Theologe Gerhard Ebeling in seinem herausragenden Buch „Luther. Einführung in sein Denken“, das 1964 erstmals und zuletzt 2006 in fünfter Auflage aufgelegt wurde und trotz Jubiläums leider nicht lieferbar ist.

Diese Grundspannung macht Menschsein aus. Ebeling schreitet die Felder ab, auf denen der Kampf widerstreitender Kräfte bei Luther ausgetragen wird: Philosophie und Theologie, Buchstabe und Geist, Gesetz und Evangelium, Person und Werk, Glaube und Liebe, Reich Christi und Reich der Welt, Freiheit und Unfreiheit, verborgener und offenbarer Gott.

Luther hat die Ambivalenzen durchlitten. Zu seiner Gelehrsamkeit als Professor der Theologie kommt die persönliche Erfahrung dazu. Die Erfahrung macht den Theologen (aus) - was ihn mit manchen Päpsten der jüngsten Zeit verbindet, von anderen unterscheidet. Luther, der Theologe, ist zugleich Luther, der geprüfte Mensch, der zweifelnde Christ. Und weil Luther gebildet und urteilsfähig ist und zugleich auch das Leben kennt, weiß er, worum es im Kern geht, jenseits der (für uns altbackenen) Sprache. Er klebt nicht am Buchstaben, sondern erkennt den Geist, der mittels der Buchstaben transportiert wird.

Gewissheit in der Not

Luthers persönliches Leben ist geprägt von vernichtender Anfechtung, von Todesfurcht, von der Angst, verdammt zu sein, und es ist zugleich bestimmt von einer befreienden Gewissheit. Woher kommt diese Gewissheit? Die einfache Antwort lautet: aus dem Vertrauen auf Gott oder dem Glauben an ihn. Da Luther kein schlichtes Gemüt ist, sei auf zwei Missverständnisse hingewiesen. Erstens: Nur weil wir Gott nicht beweisen können, müssten wir ihn eben glauben - Glaube ist nicht der Ersatz für Nicht-Wissen. Zweitens: Nur weil wir mit unseren Problemen nicht fertigwerden, flüchten wir zu Gott, der sie lösen soll - so wenig Glaube Erkenntnisersatz ist, so wenig ist er Machtersatz.

Beim Thema Glauben geht es Luther nicht darum, Aussagen über die Existenz Gottes oder über seine Seinsweisen zu treffen, sondern darum, die Beschaffenheit der menschlichen Existenz zu charakterisieren, wenn die Rede von Gott sinnvoll sein soll. Die Grundsituation des Menschen ist nach Luther die der Not. Wenn er Hilfe, Rettung, Ermutigung, Hoffnung braucht und eine Gewissheit, die unerschütterlich ist. Auch die Ungewissheit gehört zur menschlichen Konstitution, denn den Menschen geht an, so Ebeling, „was noch aussteht als seiner Verfügung Entzogenes“.

Auch in dieser Not bedarf er der „Vergewisserung des Ungewissen“. Um Vergewisserung zu erlangen, hängt der Mensch in der Formulierung Luthers sein Herz an etwas: „Woran du aber dein Herz hängst, das ist dein Gott.“ Der Mensch braucht etwas, worauf er sich verlassen kann, dem zu trauen und zu glauben ist. Wenn der Mensch sein Herz an den wahren Gott hängt - und nicht an eine Illusion -, wird dieser Gott im Glauben für ihn wirkmächtig.

„Wie das Wort, so die Seele“

Bei dieser Bindung geht es nicht darum, aus „allen Nöten“ zu fliehen, sondern in ihnen eine Zuflucht zu haben. Es geht nicht in erster Linie um eine Veränderung der Verhältnisse, sondern um eine Änderung unseres Verhältnisses zu den Verhältnissen. So wie die Verzweiflung in Søren ­Kierkegaards 1849 erschienenem Werk „Die Krankheit zum Tode“ nicht in den Verhältnissen begründet ist, in denen sich der Mensch vorfindet als „Synthese von Unendlichkeit und Endlichkeit, von Zeitlichem und Ewigem, von Freiheit und Notwendigkeit“, sondern darin, wie er sich zu ihnen verhält.

Woraus aber speist sich der Glaube? Was gibt ihm Halt? Luthers Antwort: allein das Wort. Der Mensch kann sich Gott nicht durch eine Vervollkommnung seiner Natur annähern, durch ein immer heiliger werdendes, gottgefälliges Leben, sondern sein Heil liegt gänzlich außerhalb seiner - als geglaubte Verheißung, als ein sich Verlassen auf das Versprechen, das im Geist der Bibel liegt und das in letzter Konsequenz die Überwindung des Todes, Auferstehung heißt. Das Vertrauen auf das in aller Ungewissheit Gewissheit schaffende Wort zeichnet den wahren, den gesunden, den getrösteten Menschen aus. Der Mensch muss also im Annehmen dessen, wofür Jesus steht, außer sich sein, um zu sich selbst zu kommen. Luther: „Wie das Wort ist, so wird die Seele davon.“

Der Ort, an dem sich entscheidet, was die Rede von Gott, die Botschaft des Evangeliums für den Menschen bedeutet, ist das Gewissen. Ebeling weist darauf hin, dass das Gewissen bei Luther nicht normative Bewusstseinsinhalte transportiert und vermittelt. Es handelt sich auch nicht um eine autonome Instanz - bei Immanuel Kant das moralische Gesetz in mir -, die Urteile über Gut und Böse fällt. Gewissen meint bei Luther vielmehr eine Beziehung: Auf wen oder was hört der Mensch? Wem setzt er sich aus, wem vertraut er sich an? Welche Mächte bestimmen ihn? In der Sprache Luthers ist das Gewissen der Ort, in dem in seiner zeitbedingten Vorstellung Gott und Teufel miteinander ringen wie zwei Reiter um den Besitz eines Reittieres. Wer ihn reitet, erkennt der Mensch daran, ob ihn die Einflüsse, denen er ausgesetzt ist, einschnüren oder ob sie befreiend sind.

Wende zur Freiheit von Angst

Im Glauben entscheidet sich also, ob der Mensch innerlich frei wird oder ob er von Ängsten und Bedrückendem geplagt wird und dem Tod anheimgegeben ist. Das ist die entscheidende Frage. Zu ihr hinzuführen und Antworten zu geben, darin besteht die Relevanz Martin Luthers, die der EKD-Theologe Gundlach als zentrales Anliegen des Reformationsjubiläums zu Recht einfordert. Luther und seine Generation lebten in einer stark verunsicherten Welt, wie wir auch. „Die Kontinuität zur Reformationszeit ist der in seinen Ängsten gefangene Mensch, dessen Ängste zwar im 21. Jahrhundert diesseitiger und innerweltlicher geworden sind, aber nicht geringer“, schreibt Gundlach in dem Essay. „Die existenzielle Rückbesinnung auf die reformatorischen Anfänge eröffnet eine Wende zur Angstfreiheit. Die Reformation existenziell zu bedenken heißt, über Entängstigung hier und heute zu reden.“

Gott und die Befreiung aus Angst stehen für den Glaubenden in engem Zusammenhang. Frei von Angst sein kann ein Anzeichen für rechten Glauben sein. „Mit der Einkehr beim barmherzigen Gott ist ein Auszug aus der Angst … verbunden“, so Gundlach. „Mit dem Auszug aus der Angst ist eine Einkehr bei Gott verbunden, die sich vor der Welt nicht mehr fürchtet, weder vor dem Tod noch vor dem Leben“. Wer von Luther lernt, wer in seinem Sinne wahrhaft glaubt, hat weniger Angst um sich und um die Welt und wird, motorisiert vom Glauben, erst recht helfend tätig.

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