In Potsdam

Ein weiteres Stück Preußen, das bis in die Gegenwart hineinragt: Soll die 1968 abgerissene barocke Potsdamer Garnisonkirche wieder aufgebaut werden? Oder: Welche Identität hat der eigene Rucksack?

In Potsdam
© Christian Heidrich

Über den Plan, die 1968 abgerissene Garnisonkirche wieder aufzubauen, wird immer noch hart gerungen, zunehmend härter offenbar. Die Befürworter bündeln einen ganzen Strauß von Argumenten. Es sei ein Hauptwerk des preußischen Barocks. Der hohe Glockenturm prägte 233 Jahre die Silhouette Potsdams. Das Glockenspiel mit „Lobe den Herren“ und „Üb‘ immer Treu und Redlichkeit“ sei in der gesamten Stadt zu hören gewesen. Ein Ort der „preußischen Identität“ also. Aber auch die dunklen Seiten, so den „Tag von Potsdam“ mit dem Staatsakt zur Wiedereröffnung des Reichstags am 21. März 1933, mögen sie nicht verschweigen. Gerade in dieser Zwiespältigkeit, so ihr Fazit, könne die Kirche zu einem symbolischen Ort, zu einem „Ort der aktiven Friedens- und Versöhnungsarbeit“ werden.

Aber auch die andere Seite, so die von evangelischen Pfarrern getragene Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“, sucht zu punkten. Sie betont das Militärische, das Antidemokratische dieser Stätte. Für die Friedensarbeit sei ein anderes Zeichen geeigneter als die 1735 für Hofstaat und Garnison eröffnete Kirche, nicht zuletzt, „weil Kriege, Militarisierung der internationalen Beziehungen und Missbrauch von Religion zu kriegerischer Hetze bedrohlich aktuell sind“.

Folgt man den Tageszeitungen, so wirft man sich aktuell gegenseitig eine miserable Kommunikationskultur vor, die Verweigerung eines direkten Gespräches. Der Gast enthält sich selbstverständlich einer Stellungnahme. Er besucht stattdessen am Vormittag das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte.

Die ständige Ausstellung ist in einem langgezogenen Saal untergebracht und lässt sich in eineinhalb Stunden erkunden. Ein sehr humanes Museums-Maß. Es werden die historischen Meilensteine eines Kulturraumes vergegenwärtigt, der von der „Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches“ zu einer beachtlichen europäischen Größe gefunden hat. Zum wiederholten Mal fällt mir auf, dass es die Herrscher sind, denen ihre Machtfülle und ihre Leidenschaften, sei es zur Jagd oder zu den „Langen Kerls“, nicht genügen, die eine Gegend und ein Volk weiterbringen. Herrscher, die eine Vision über das Heute hinaus entwickeln, die sich dann auf die Lebensbedingungen der Menschen auswirkt, auf die Urbarmachung des Wilden, auf die Welten der Kultur. Man zögert vor dem Attribut der historischen „Größe“, doch die meisten später als „groß“ Benannten wurden es nicht zufällig. Auffällig, was alles Friedrich II. im Kleinen und Großen „veranlasst“ hat.

Am Rande:
Mit Eintrittskarten und sonstigen Papierstücken entsorge ich offensichtlich auch den Nachweis für die Anmietung des Schließfaches für meinen Rucksack. Ich werde aufgefordert, etwas zu nennen, was sich in meinem Rucksack befindet. Nun, drei Büchlein, das eine mit Sentenzen von Immanuel Kant, sage ich. Der Verantwortliche, überraschend entspannt, fängt an zu grinsen. Vielleicht könne ich ihm gleich etwas vorlesen? Die „Identifkation“ gelingt mühelos, auf das Vorlesen allerdings wird verzichtet.

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